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Malaysia - Earth Lodge

Unser Hauptziel in Malaysia ist die Earth Lodge. Sie liegt abgelegen im Ula Muda Waldreservat im Norden des Landes. Eine Region, die selbst vielen Malaysiern unbekannt ist. Hier, inmitten des Regenwalds, steht das Naturerlebnis im Mittelpunkt. Wanderungen zu Kalksteinhöhlen und Bootstouren zur Tierbeobachtung, immer in Begleitung eines Guides, der uns die lokalen Gegebenheiten erklären kann, das klingt nach einem passenden Reiseziel für uns.

Anreise

Von Penang aus sind es ungefähr 2 Stunden mit dem Auto zum See Tasik Muda. Der Treffpunkt ist eine Bootsanlegestelle, da die Lodge nur per Boot zu erreichen ist. Hymeir, der Betreiber der Lodge, hat uns im Vorhinein ein Taxi vermittelt, was wir dankend angenommen haben. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der See nicht zu erreichen.

Unsere Koffer lassen wir in unserer Unterkunft in George Town und reisen mit leichtem Gepäck für 3 Nächte in den Dschungel. Wobei leicht relativ ist, Fabians Fotorucksack ist für dieses Abenteuer natürlich prall gefüllt. Auf der Fahrt passieren wir riesige Palmölplantagen, einige Kautschukplantagen und sehen Adlerholzbäume, welche sehr seltenes und kostbares Holz liefern.

An der “Lake Muda Jetty” treffen wir Hymeir, den Betreiber der Lodge, sowie die drei anderen Gäste, die aus Mexiko kommen. Nach einem kleinen Nasi Goreng (gebratener Reis) als Mittagssnack, machen wir uns mit zwei kleinen Booten auf den Weg. Gesteuert werden diese jeweils von einem Einheimischen, mit denen Hymeir regelmäßig zusammenarbeitet. Sie sind Bootsmann, Koch und Handwerker in einem und fahren auch regelmäßig zur Lodge um sie in Schuss zu halten, auch wenn gerade keine Gäst*innen dort sind. Wir überqueren den See und fahren den anschließenden Fluss aufwärts, bis wir nach ca. 1 Stunde unser Ziel erreichen.

Die Earth Lodge

Die drei Seen in der Region sind alles Stauseen, die die Reisanbaugebiete weiter westlich im Land mit Wasser versorgen. Insbesondere der Regenwald entlang des Muda Flusses ist dabei enorm wichtig, um genug Wasser aufzufangen und bietet einen wichtigen Lebensraum für eine riesige Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Nur zwei kleine Bereiche sind Naturschutzgebiete, der Rest ist Waldreservat, welches recht einfach für andere Zwecke umdeklariert werden kann. Ein Hauptziel der lokalen Naturschutzbewegung ist ein großes, zusammenhängendes Naturschutzgebiet, welches sich auch an einen Nationalpark in Süd-Thailand anschließen würde. Tiere wie Elefanten, Tiger und co, brauchen weitläufige Gebiete um ungestört zu leben, ohne ständig in Konflikt mit Menschen zu geraten.

Als die Gebäude auf staatliche Initiative hin mitten im Regenwald gebaut wurden, haben Hymeir und andere Naturschützer dagegen demonstriert. Nachdem sie den Bau nicht verhindern konnten, haben sie sich selbst für den Betrieb beworben und tatsächlich den Zuschlag bekommen. Seit 2011 betreibt er die Lodge und schöpft dabei die Kapazitäten selten aus. Einerseits wird durch kleine Besucher*innenzahlen der Einfluss auf die Natur so gering wie möglich gehalten, andererseits ist es ihm ein wichtiges Anliegen anderen Menschen die Natur seines Heimatlandes näher zu bringen. Außerdem werden regelmäßig Wissenschaftler*innen eingeladen, da hier viele kaum erforschte Arten leben.

Die Earth Lodge ist nicht mit dem Stromnetz des Landes verbunden. Abends wird für einige Stunden ein Generator angeschaltet, sodass wir die Akkus unserer Geräte laden können. Das Handy kommt hier allerdings kaum zum Einsatz, Empfang, geschweige denn WLAN gibt es hier nicht, die Kamera dafür um so mehr. Hymeir hat eine Satellitenverbindung für dringende organisatorische Absprachen oder Notfälle.

Es gibt eine handvoll Hütten, welche jeweils aus zwei Zimmern bestehen. Jedes Zimmer bietet genug Platz für zwei Personen, ein eigenes Bad mit (kalter) Dusche & Toilette. Wir schlafen auf Kapokmatratzen, die in der Region herstellt werden. Mehr Luxus brauchen wir für ein Dschungelabenteuer auch nicht. Was uns allerdings beschäftigt ist die ständige Feuchtigkeit. Sind unsere Klamotten einmal Nass, bekommen wir sie kaum noch trocken, trotz Wäscheleine auf dem Balkon.

Nach dem in George Town das Hintergrundrauschen aus Verkehrslärm bestand, gewöhnen wir uns hier schnell an das (teilweise sehr Laute) Zirpen der Zikaden, Quaken von Fröschen und singen der fremden Vögel. Nur wenn plötzlich Affen in den Bäumen direkt über uns Kreischen, unbekannte Tiere über das Dach des Hauses rennen oder früh morgens eine kleine nachtaktive Waldmaus (mit süßen großen Augen) mit dem Plastikbeutel unseres Mülleimers im Zimmer raschelt, schrecken wir doch mal auf.

Regelmäßige Bootsfahrten

Im Regenwald ist die Geräuschkulisse beeindruckend, durch den dichten Bewuchs ist es allerdings extrem schwierig die Tiere auch zu sehen. Daher fahren wir jeden Abend und teilweise auch morgens mit dem Boot aus. Viele Tiere kommen regelmäßig ans Wasser: an dem Bäumen am Flussrand sitzen Vögel und Affen und im (braunen) Wasser schwimmen Warane und Otter. Wir lassen uns mit abgeschaltetem Motor flussabwärts treiben und halten aufmerksam Ausschau.

In der Gegend gibt es eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Mineralquellen, eine sogar Mitten im Fluss. Ein beliebtes Ziel für Pflanzenfresser, wie Wildschweine, Hirsche, Tapire oder Gaur, die dann wiederum Raubtiere anziehen. Die meisten dieser Tiere sind extrem selten mit bloßem Auge zu sehen, auf dem Wildkameras, die Hymeir in der Gegend aufstellt, werden sie aber regelmäßig abgelichtet, vor allem Nachts.

Ein Highlight, welches man mit viel Glück hier beobachten kann, sind Elefanten. Wir entdecken am Flussrand immer wieder frische Spuren, die am Vortag noch nicht da waren, die Tiere selbst bekommen wir leider nicht zu Gesicht.

Eine weitere Besonderheit des Gebietes sind Nashornvögel. In Ula Muda kommen besonders viele Arten vor und während die meisten Arten sehr standorttreu sind, gibt es den Sundajahrvogel (plain-pouched hornbill) hier als Zugvogel. Insbesondere im Juli und August ziehen teilweise über tausend dieser Tiere über die Lodge hinweg und es läuft ein Projekt zusammen mit der Malaysian Nature Society und ihrem Äquivalent in Thailand diese Tiere zu zählen und das Verhalten besser zu verstehen. Auch wir sehen immer wieder kleine Gruppen in der Luft und können teilweise sogar ihre lauten Flügelschläge hören.

Besonders begeistert haben uns die bunten Eisvögel. Während in Deutschland nur eine Art vorkommt, die auch schon sehr schön ist, gibt es in Malaysia 14 verschiedene Arten in schillernden Farben. Wir sehen regelmäßig den Storchschnabelliest (stork-billed kingfisher) und manchmal auch den Braunliest (white-throated kingfisher).

Wanderungen durch den Regenwald

Tagsüber unternehmen wir verschiedene Wanderungen durch den Regenwald. Eine essenzielle Ausrüstung sind dabei “leech socks”, welche wir geliehen bekommen. Dies sind lange, eng gewebte Überziehsocken durch die Blutegel nicht hindurch kommen. Die Blutegel sitzen auf dem Boden, spüren Vibration und Geruch frischen Blutes und kommen angekrochen, sobald man stehen bleibt. Dann klettern sie am Körper hoch auf der Suche nach Stelle, an der sie an die Haut gelangen können, um Blut zu saugen. Der Biss tut nicht weh und im Gegensatz zu Moskitos sind sie nicht bekannt dafür Krankheiten zu übertragen, allerdings injizieren sie einen Blutverdünner, sodass die kleinen Wunden recht lange bluten. Wir beide werden nur je einmal erwischt, als wir schon wieder am Camp sind. Die Mexikaner*innen unserer Gruppe tragen Hemden mit Knöpfen, hier findet ab und zu ein Blutegel seinen Weg hindurch.

Das Ziel der längsten Wanderung ist die Kalksteinhöhle Gua Labu 1. Auch wenn eine Strecke nur ca. 5 km sind, ist es für uns in dem tropischen Klima und teils unwegsamen Gelände ziemlich anstrengend, der Schweiß fließt in Strömen und die Wasserflaschen werden gierig geleert.

Die Höhlen von Bukit Labu blieben lange unentdeckt, da es unwahrscheinlich schien, dass sich unter den kleinen Hügeln Höhlen befinden. Hymeir bekam den Tipp eines Tages von Einheimischen in der Gegend. Nur eine der Höhlen ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Auch hier dürfen sich nur wenige Menschen auf abgesteckten Wegen bewegen, um das Ökosystem der Höhle so wenig wie möglich zu stören. Wir sind beeindruckt von den Tropfsteinformationen und der Stimmung in der Höhle, die zu einer Seite mehrere Öffnungen besitzt, durch die Licht hineinfällt. In der Mitte hat eine Wurzel ihren Weg von oben bis an den Höhlenboden gefunden und inzwischen einen beachtlichen Durchmesser angenommen.

Am nächsten Tag steht eine kürzere Wanderung zu einer heißen Mineralquelle vorbei zum Tualang Baum an. Diese Bäume werden sehr hoch und ragen über das Blätterdach des Regenwaldes hinaus. Dies nutzen wilde Honigbienen um hoch oben, vor Feinden wie Bären und Affen geschützt, ihre Nester zu bauen. Vor Menschen sind sie allerdings nicht sicher und mit Hilfe von Nägeln und einer riesigen Leiter werden die Bienen mit Rauch aus ihrem Nest gejagt und der seltene Tualang Honig geerntet.

Im Regenwald begegnen uns bei der Wanderung noch einige andere interessante Pflanzen und Tiere. Besonders Pilze in verschiedenen Formen und Farben scheinen in dem feuchten Klima zu gedeihen.

Bunte Schmetterlinge begleiten uns immer wieder ein Stück und tausende Termiten und Ameisen transportieren Dinge auf langen Straßen zu ihren riesigen Hügeln/ Nestern. An einer Stelle macht uns Hymeir auf einen ganz besonderen Käfer aufmerksam, der Laternenträger (lantern bug) welcher zu den Spitzkopfzikaden gehört.

Fazit

Nach drei Nächten machen wir uns mit gemischten Gefühlen auf den Heimweg. Einerseits freuen wir uns wieder auf etwas mehr Zivilisation mit warmer Dusche und der Möglichkeit unsere feuchten Sachen zu trocknen. Andererseits gibt es hier noch soviel zu entdecken und Fabian hätte sich liebend gerne noch Tarnverstecke gebaut um die Tierwelt besser fotografieren zu können. Die Tage im wilden Regenwald werden wir nicht so schnell vergessen.

Paula & Fabian



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